Wenn du gerne Serien wie Outlander schaust, liebst du diese Mode vermutlich genauso wie ich. Denn ist ist genau die Kleidung aus Outlander. Aber was trägt die Dame im Rokoko eigentlich genau? Was brauchst du alles für ein eigenes Kostüm?
Da das Thema doch recht lang ist, findest du in diesem Beitrag erstmal die Unterwäsche. Also alle Lagen, die eben nicht zu sehen sind. Ohne die richtige Unterwäsche wird es schwierig, einen überzeugenden Rokoko-Look hinzubekommen.
Wann war überhaupt Rokoko?
Barocke Pracht und die wundervollen Roben des Rokoko haben eine ganz eigene Ästhetik, die einfach jeden in ihren Bann zieht. Sowohl die Roben der Damen als auch die Gehröcke der Herren strahlen eine unglaubliche Eleganz aus. Dies gilt sowohl für die aufwendig verzierte Garderobe des Adels als auch die eher schlichte des Bürgertums.
Die Barocke Mode geht ca. von 1650 bis 1720, die des Rokoko dann bis zu französischen Revolution 1789. Die Mode des Rokoko setzt sich gerade bei den Damen noch etwas länger fort. Erst um ca. 1795 wandert die Taille dann auf die typische Höhe für Empirekleider.
Tonangebend für den Kontinent und auch einen Teil der Amerikanischen Kolonien war Frankreich. In England wird die Zeit als „georgian“ bezeichnet, abgeleitet von den Königen Georg I-IV. Aber Vorsicht, „late georgian“ ist dann eher dem Empire bzw. Regency zuzuordnen.
Was trug die Dame im Rokoko darunter?
Unterwäsche: Chemise und Strümpfe
Abgesehen davon, dass sich die Kleidung der Damen im Rokoko je nach gesellschaftlichem Stand natürlich unterscheidet, gibt es doch einige Grundsätze. So beginnt jede Frau mit einer Chemise, also einem etwa knielangen Unterhemd. Die Chemise schützt alle darüber liegenden Lagen vor Schweiß und anderen Schmutz und wurde am häufigsten gewaschen. Sie war meistens auch gleichzeitig Nachthemd. Klassisch war die Chemise aus Leinen, wobei das damals genutzte Leinen deutlich dichter und gleichzeitig feiner gewebt war als heutiges Leinen.
Die Chemise wird im wesentlichen aus Rechtecken und Dreiecken zusammengesetzt. Sie ist im Brustbereich eher schmal und wird dann Richtung Saum immer weiter. Die Ärmel reichen etwa bis zum Ellenbogen. Der Ausschnitt kann entweder direkt passend für die darüber liegende Kleidung gemacht werden oder aber du nimmst einen verstellbaren Ausschnitt mit Zugband. Dann passt es auch zu diversen Kleidern.
An der Chemise wurden auch die Rüschen für Ausschnitt und Ärmel befestigt.
Damen trugen lange Strümpfe, die mit Strumpfbändern am rutschen gehindert wurden. Das bekannte Bild des Strumpfbandes oberhalb des Knies ist dabei ein Mythos. Hast du schonmal versucht, ein Band an dieser Stelle zu halten? Wenn du nicht gerade sehr schmale Oberschenkel und (sorry) knochige Knie hast, ist das anatomisch nicht möglich ohne dir die Blutzufuhr abzuschneiden. Der richtige Platz ist direkt unterhalb der Knie. Zeitgenössische Gemälde, die anderes zeigen, kannst du in der Regel als erotische Fantasie einordnen.
Nach allem, was wir wissen, gab es keine Unterhosen.
Anstandsrock
Mit den weiten Röcken und ohne Unterhose ist die Kleidung des Rokoko tendenziell anfällig für tiefe Einblicke. Wobei das im Zweifel schon den Blick unter die Röcke auf die Chemise meinen würde. Bei leichten Sommerröcken würde dafür schon ein kräftiger Windstoß reichen.
Frauen trugen daher über der Chemise und den Strümpfen noch einen schmal geschnittenen Anstandsrock. Ob du diesen über oder unter der Schnürbrust tragen willst, ist im Endeffekt dir selbst überlassen.
Der Anstandsrock reicht von der Taille bis mindestens zu den Knie. Er ist weit genug, dass du dich gut bewegen kannst, und schmal genug, dass er nicht hochwehen kann. Oder beim hinfallen zu tiefe Einblicke zulassen würde.
Einen Anstandsrock nähen
Wenn du halbwegs selbst nähen kannst, kannst du den Anstandsrock problemlos selbst machen. Dafür brauchst du einfach nur ein Stück Stoff – am besten Leinen. Die Länge entspricht deiner gewünschten Länge von Taille bis Saum plus 10cm. Die Breite ist dein Hüftumfang plus ein wenig Bewegungsfreiheit.
Jetzt musst du aus diesem Stoff nur noch einen Ring nähen. Dann kommt unten ein Saum hin und oben ein Tunnelzug und schon ist der Anstandsrock fertig.
Korsett oder Schnürbrust
Die richtige Rokoko-Figur bekommst du ausschließlich über eine passende Schnürbrust. Das ist im wesentlichen die Rokoko-Variante des Korsetts. Ein wichtiger Unterschied ist aber, dass du mit einer Schnürbrust deine Taille nicht schnüren kannst, zumindest nicht ohne Änderungen am Schnitt oder schmerzhaft einschneidende Kanten. Die schmalen Taillen der Damen im Rokoko sind eher eine optische Täuschung.
Im Rokoko war der Oberkörper im Idealfall leicht V-förmig, wobei die Schultern nicht mehr so betont waren wie zu früheren Zeiten. Der Busen wurde durchaus hervorgehoben und ansprechend präsentiert, sollte einem aber auch nicht entgegenkommen. Wichtig waren glatte Konturen, auf denen die Kleidung dann auch wirklich ihre Wirkung entfalten konnte.
Ein viktorianisches oder modernes Korsett ist kein Ersatz für die Rokoko-Zeit. Es ist einfach viel zu kurvig. Im Rokoko ist die Front wirklich gerade.
Unterröcke
Unter der sichtbaren Kleidung wurden gewöhnlich noch Unterröcke getragen. Zum einen gaben die mehr Volumen, zum anderen aber auch mehr Wärme. So wurden im Winter gerne wirklich schwere Röcke getragen, im Sommer dann eher leichte.
Die Form der Röcke hängt davon ab, was für ein Kleidungsstück darüber getragen wurde und ob Unterbauten nötig waren für das richtige Volumen.
Je nach gewünschtem Volumen, Jahreszeit und Material von Unterrock und sichtbaren Rock kann ein Unterrock reichen. Oder du brauchst mehr als einen. Dabei sind Unterröcke aus leichtem Stoff aber mit viel Volumen besser geeignet, um Linien von Unterbauten wie einem Panier zu kaschieren. Und sie geben auch mehr Volumen. Schwere Stoffe sind eher das richtige, wenn du mehr Wärme brauchst. Hier würde ich nicht zu viel Volumen nehmen, damit das Kleid insgesamt nicht zu schwer wird.
Grundsätzlich ist es eine sinnvolle Idee, Unterröcke maximal knöchellang zu machen. So kannst du sie zu verschiedenen Kleidern kombinieren, auch zu den eher kurzen Röcken, die im Rokoko durchaus erlaubt waren.
Poschen, Panier und Kissen - für mehr Volumen
Bei Rokoko denken die meisten an seitlich sehr breite Kleider. Das stimmt auch grundsätzlich, trifft aber nur einen kleinen Bereich der Möglichkeiten. Nachdem ab ca. 1770 auch auf dem Kontinent die „Robe a l’Anglaise“ (also die englische Robe) populär wird, verschiebt sich die Polsterung von den Seiten immer mehr nach hinten.
Die seitlich sehr ausladenden Kleider sind vor allem aus der französischen Hofmode und diversen Karikaturen darüber bekannt. Im Alltag wurde das nicht einmal von Adligen getragen.
Panier oder Poschen
Panier bezeichnet den ovalen Reifrock des 18. Jahrhundert. Dabei schwankt die Form je nach exakt dargestellter Zeit. Besonders breit ist das Panier in den 1740er und 1750er Jahren und auch dann vor allem bei Hof. Für den Alltag waren diese Kleider einfach nicht praktikabel, nicht einmal für den Adel. Ab ca. 1750 ist das Panier dann abseits der Hofmode eigentlich auch nicht mehr gefragt. Stattdessen wird auf Poschen oder kurze „Springröcke“ gesetzt.
Springröcke sind eine kurze Form der Paniers, die etwa bis zu Mitte des Oberschenkels gehen.
Eine Alternative zum Reifrock oder Panier waren die sogenannten Poschen / Pocket Hoops. Im Endeffekt handelt es sich dabei um große halbrunde Körbe, die seitlich an der Hüfte getragen werden.
Pocket Hoops ersetzen ab etwa 1750 das Panier. Sie sind einfacher zu handhaben und machen auch eine ausreichend breite Form für die Mode der Zeit.
Nebenbei sind Pocket Hoops sehr praktisch. Da die Röcke und Kleider seitliche Schlitze haben, kann man in die Körbe hinein greifen. Dort lassen sich also perfekt alle unhistorischen Dinge wie Autoschlüssel aufbewahren. Oder auch auf jeder Seite eine Wasserflasche.
Hüft- und Pokissen
Eine Alternative zu Panier und Poschen gerade für die arbeitende Bevölkerung sind Kissen. Mit Kissen kannst du die entsprechende Form andeuten, ohne bei der Arbeit unpraktische Konstruktionen mit dir herum zu schleppen.
Die einfachste Variante ist dabei die Hüftrolle. Sie wird bereits seit der Renaissance in der ein oder anderen Form immer wieder genutzt. Dabei ändert sich nur der Querschnitt der Rolle, die Verwendung an sich bleibt die gleiche. Mit einer Hüftrolle wird die Hüfte optisch etwas hochgesetzt und breiter. Der Übergang von Taille zu Hüfte wird eckiger, fast in einem 90°-Winkel.
Eine alternative Bezeichnung zur Hüftrolle ist „Weiberspeck“.
Wenn nur eine seitliche Auslage gesucht wird, sind die Hüftkissen eine gute Alternative zu Poschen. Sie verbreitern die Hüfte etwas mehr als die Hüftrolle, lassen den Po aber so, wie er ist. Auch ist hier die Linie insgesamt etwas weniger eckig als bei der Hüftrolle.
Als dritte Variante gibt es das Pokissen. Dieses Kissen ist keine Alternative zu Panier oder Poschen sondern gehört zu den ab 1770 gerne getragenen Roben. Hier brauchte man sowohl an den Seiten als auch hinten Volumen, damit die Röcke nicht zusammen fielen. Daher musste auch der Po gepolstert werden.
Unterwäsche einer Dame im Rokoko anfertigen lassen
Während Dinge wie ein Anstandsrock, ein Unterrock und auch eine Chemise noch relativ gut selbst zu nähen sind, brauchst du spätestens bei einer Schnürbrust wirklich Erfahrung. Es gibt einige brauchbare Schnittmuster, nach denen die arbeiten kannst. Oder du lässt die Kleidungsstücke für dich anfertigen.